IMPRESSUM

Ist der Mandant geschäftsunfähig, kann der Anwalt kein Honorar verlangen

OLG München, Urteil vom 18.09.2019, Az.: 15 U 127/19 Rae

Einleitung

Das Urteil beschäftigt sich mit einer Klage eines Rechtsanwalts, der von einem unter Betreuung stehenden Mandanten die Zahlung seiner Anwaltsgebühren und die Freistellung von den ihm auferlegten Gerichtskosten verlangt. Der Mandant steht unter einem gerichtlich angeordneten Einwilligungsvorbehalt gemäß § 1903 BGB, der seine Vermögenssorge betrifft. Der Einwilligungsvorbehalt wurde durch das Betreuungsgericht für Erklärungen angeordnet, die einen Wert von 1.500 Euro überschreiten.

Sachverhalt

Der Kläger, ein Rechtsanwalt, hatte für seinen Mandanten, der unter Betreuung steht, eine Zahlungsklage beim Landgericht Augsburg erhoben. Der Anwalt verlangt nun die Bezahlung seiner gesetzlichen Vergütung für diese Tätigkeit und die Freistellung von den Gerichtskosten, die ihm auferlegt wurden. Im Laufe des Mandats hatte der Anwalt erfahren, dass sein Mandant unter einem Einwilligungsvorbehalt steht, jedoch ignorierte er dies und reichte die Klage trotzdem ein.

Unwirksamkeit des Rechtsanwaltsvertrags

Das Gericht stellt fest, dass der zugrunde liegende Rechtsanwaltsvertrag unwirksam ist. Der Rechtsanwalt hätte vor der Mandatsübernahme die Zustimmung der Betreuerin seines Mandanten einholen müssen, da der Mandant aufgrund des Einwilligungsvorbehalts nicht allein handlungsfähig war. Der Vertrag fällt unter den Einwilligungsvorbehalt, da er finanzielle Belange des Mandanten betrifft, und ist somit ohne die Zustimmung der Betreuerin unwirksam. Daher hat der Rechtsanwalt keinen Anspruch auf die geltend gemachte Vergütung.

Keine Bereicherung des Beklagten

Ein weiterer Anspruch des Anwalts auf Vergütung aus ungerechtfertigter Bereicherung (§§ 812, 818 Abs. 2 BGB) scheitert ebenfalls. Zwar hat der Beklagte die anwaltliche Leistung in Form einer ausgearbeiteten Klageschrift erhalten, jedoch hat er diese Leistung nicht genutzt, da er die Klage unmittelbar nach deren Einreichung zurücknehmen ließ. Der Beklagte hat somit keinen Vorteil aus der anwaltlichen Leistung gezogen und ist daher auch nicht mehr bereichert.

Schadensersatzanspruch des Beklagten

Das Gericht weist auch einen Schadensersatzanspruch des Rechtsanwalts zurück und stellt fest, dass vielmehr der Beklagte einen Schadensersatzanspruch gegen den Anwalt haben könnte. Der Anwalt hätte aufgrund der ihm bekannten Umstände der Betreuung und des Einwilligungsvorbehalts die Klage nicht ohne Rücksprache mit der Betreuerin des Mandanten einreichen dürfen. Da der Anwalt dies unterließ, verletzte er seine Pflichten gegenüber seinem Mandanten und setzte ihn unnötigen Risiken aus, insbesondere den Gerichtskosten, die durch die Klage verursacht wurden.

Keine Aufklärungspflicht des Mandanten

Der Anwalt argumentierte, dass ihn der Mandant über seine Betreuung und den Einwilligungsvorbehalt hätte aufklären müssen. Dies lehnt das Gericht ab. Der Mandant war rechtlich nicht verpflichtet, den Anwalt ungefragt auf seine Betreuung oder den Einwilligungsvorbehalt hinzuweisen. Der Gesetzgeber hat das Risiko, mit betreuten Personen Verträge abzuschließen, dem Vertragspartner der betreuten Person zugewiesen, um deren umfassenden Schutz sicherzustellen. Somit konnte der Anwalt keinen Schadensersatz wegen einer angeblichen Verletzung der Aufklärungspflicht des Mandanten verlangen.

Ergebnis

Das Gericht kommt zu dem Schluss, dass dem Kläger keine Ansprüche auf Vergütung oder Freistellung von den Gerichtskosten zustehen. Der zugrunde liegende Anwaltsvertrag ist unwirksam, da die notwendige Zustimmung der Betreuerin des Mandanten fehlte. Auch Ansprüche aus Bereicherungsrecht oder Schadensersatz scheitern, da der Beklagte die anwaltliche Leistung nicht genutzt hat und der Anwalt seine Pflichten verletzt hat, indem er die Klage ohne Rücksprache mit der Betreuerin einreichte. Der Anwalt hätte den Einwilligungsvorbehalt beachten müssen, da dieser die rechtlichen Handlungsfähigkeiten des Mandanten maßgeblich beschränkt.

Quelle: Oberlandesgericht München