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Krankenhaus verklagt private KV auf Kostenübernahme von entstandenen Kosten

Landgericht Köln: Urteil vom 10.07.2013, Aktenzeichen 23 O 365/12

Einleitung

In dem vorliegenden Fall klagt das Kreiskrankenhaus X gegen die private Krankenversicherung der Beklagten auf Zahlung offener Krankenhauskosten, die für die stationäre Behandlung einer ehemaligen Versicherungsnehmerin (Frau C) im Zeitraum vom 27. Dezember 2011 bis zum 29. Februar 2012 entstanden sind. Die zentrale Frage in diesem Rechtsstreit betrifft den Beginn des Versicherungsschutzes und ob die Beklagte verpflichtet war, die Versicherungsnehmerin rückwirkend zu versichern.

Ausgangssituation

Die Versicherungsnehmerin war bis Ende 2005 bei der Beklagten krankheitskostenversichert, verlor jedoch den Versicherungsschutz aufgrund von Beitragsrückständen. Ab diesem Zeitpunkt war sie ohne Krankenversicherung. Im Januar 2012 wurde für sie ein Betreuer bestellt, der auch für ihre Krankenversicherungsangelegenheiten zuständig war. In dieser Funktion wandte sich der Betreuer an die Beklagte und beantragte eine Versicherung im sogenannten Basistarif.

Im Rahmen eines Telefonats am 17. Januar 2012 beantragte der Betreuer für die Versicherungsnehmerin den Abschluss einer privaten Krankenversicherung im Basistarif. Diesem Antrag stimmte die Beklagte zu, jedoch mit Wirkung ab dem 17. Januar 2012, nicht rückwirkend zum Beginn des Krankenhausaufenthalts am 27. Dezember 2011.

Streitgegenstand

Das Kreiskrankenhaus verlangt die Zahlung der restlichen Behandlungskosten für den Zeitraum vom 27. Dezember 2011 bis zum 16. Januar 2012. Der Betreuer und die Klägerin waren der Auffassung, dass der Versicherungsschutz rückwirkend auf den Beginn der stationären Behandlung erstreckt werden sollte, um sämtliche Kosten abzudecken. Die Klägerin argumentiert, dass der Vertrag hätte ruhen und nachträglich im Basistarif fortgeführt werden müssen, und beruft sich auf § 193 Abs. 4 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG), der die allgemeine Krankenversicherungspflicht regelt.

Die Beklagte hingegen verweist darauf, dass der Vertrag erst mit dem Antrag des Betreuers am 17. Januar 2012 zustande kam. Vor diesem Zeitpunkt habe es keine Versicherung gegeben, und daher seien die Behandlungskosten vor dem 17. Januar nicht von ihr zu tragen. Zudem habe sie, entgegenkommenderweise, eine rückwirkende Versicherung ab dem Datum des Antrags gewährt, nicht jedoch für den davor liegenden Zeitraum.

Entscheidungsgründe des Gerichts

Das Gericht entschied zugunsten der Beklagten und wies die Klage des Kreiskrankenhauses ab. Die Begründung stützt sich im Wesentlichen auf die Tatsache, dass vor dem 17. Januar 2012 kein Versicherungsvertrag bestanden habe. Nach § 145 BGB bedarf es für den Abschluss eines Versicherungsvertrags zweier übereinstimmender Willenserklärungen (Angebot und Annahme). Der Kontrahierungszwang, den § 193 VVG normiert, sei erst mit der Antragstellung des Betreuers ausgelöst worden. Das Gericht führte weiter aus, dass ein Rückgriff auf § 193 Abs. 4 VVG, wonach Versicherungsnehmer rückwirkend für ihre Nichtversicherung sanktioniert werden, keinen Rückschluss darauf zulasse, dass eine rückwirkende Versicherungspflicht für die Beklagte bestünde.

Das Gericht erkannte keinen kollusiven Zusammenwirken zwischen dem Betreuer und der Beklagten. Es stellte fest, dass der Betreuer den Wunsch geäußert habe, den Versicherungsschutz rückwirkend zu erlangen, dies aber durch die Beklagte abgelehnt wurde. Auch der Vorwurf der Klägerin, dass der Betreuer zum Nachteil der Klägerin gehandelt habe, wurde zurückgewiesen. Die Entscheidung des Betreuers, die ablehnende Haltung der Beklagten nicht anzufechten, führte lediglich dazu, dass die Versicherungsnehmerin für die Kosten vor dem 17. Januar selbst verantwortlich blieb.

Rechtliche Erwägungen

Das Gericht betonte, dass der Abschluss eines Krankheitskostenversicherungsvertrags nicht automatisch rückwirkend erfolgt, sondern grundsätzlich ex nunc, also ab dem Zeitpunkt der Vertragsannahme durch den Versicherer. § 193 Abs. 4 VVG sieht zwar Sanktionen in Form von Beitragszuschlägen für Zeiten der Nichtversicherung vor, um einen Anreiz zur Einhaltung der Versicherungspflicht zu schaffen, erfordert jedoch keinen rückwirkenden Versicherungsschutz.

Darüber hinaus wurde festgestellt, dass der Direktanspruch der Klägerin aus § 192 VVG nur dann greift, wenn ein Versicherungsvertrag zum fraglichen Zeitpunkt besteht. Da vor dem 17. Januar 2012 kein Vertrag zwischen der Versicherungsnehmerin und der Beklagten bestand, gab es keine Grundlage für einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten für den Zeitraum vom 27. Dezember 2011 bis zum 16. Januar 2012.

Auswirkungen des Urteils

Das Urteil verdeutlicht die rechtlichen Grenzen des Direktanspruchs eines Krankenhauses gegen einen Versicherer im Rahmen eines Krankheitskostenversicherungsvertrags. Es stellt klar, dass ein Versicherungsvertrag erst mit der ausdrücklichen Zustimmung des Versicherers zustande kommt und dass ein Rückwirkungsanspruch auf den Beginn der medizinischen Behandlung nicht besteht, es sei denn, der Versicherungsvertrag sieht dies ausdrücklich vor. Darüber hinaus unterstreicht das Urteil, dass Krankenhäuser keinen Einfluss auf den Zeitpunkt oder die Bedingungen des Vertragsschlusses zwischen dem Versicherungsnehmer und dem Versicherer haben.

Fazit

Das Urteil zeigt die Bedeutung der Einhaltung der Versicherungspflicht und der rechtzeitigen Beantragung eines Krankenversicherungsschutzes. Krankenhäuser können sich nicht auf eine rückwirkende Erstattung der Behandlungskosten verlassen, wenn der Versicherungsvertrag erst nach Beginn der Behandlung abgeschlossen wird. Die Versicherungspflicht gemäß § 193 VVG schützt in erster Linie den Versicherungsnehmer, bietet jedoch keine Grundlage für Ansprüche von Dritten auf rückwirkenden Versicherungsschutz.

Quelle: Landgericht Köln